Rasant schreitet der Klimawandel voran. Insbesondere in unserer sensiblen Alpenregion lässt sich das deutlich beobachten: Der Rückgang des Permafrosts, Trockenheit, geschädigte Bäume, veränderte Klimazonen und schmelzende Gletscher verändern das Leben in den Bergen. Bereits 2022 wurde der Südliche Schneeferner von der Bayrischen Akademie der Wissenschaften zum bloßen Toteis erklärt; auch der Nördliche Schneeferner und der Höllentalferner an der Zugspitze liegen im Sterben.
Nicht nur der Natur setzt dieser Wandel zu, sondern auch den Menschen, die ihn besorgt wahrnehmen. Ob Einheimische oder Gäste: Menschen, die auf die Zugspitze kommen, zeigen sich oftmals erschrocken oder gar schockiert von der dramatischen Situation. Als Gästeseelsorger*innen führen wir häufig Gespräche über diese Thematik und spüren einerseits, dass es eine seelsorgerliche Aufgabe ist, die Menschen in ihrer Wahrnehmung zu begleiten. Andererseits möchten wir als Kirche auch Bewusstsein schaffen für die Kostbarkeit der Schöpfung und zu ihrem Erhalt so gut wie möglich beitragen.
Seit jeher ist es ureigene Aufgabe der Kirche, Sterbenden und ihren Angehörigen beizustehen. Einen Abschied seelsorgerlich und liturgisch zu begleiten, wird vielfach als hilfreich, tröstend und stärkend erlebt. Diese zwischenmenschliche Erfahrung möchten wir auch im Umgang mit der Natur fruchtbar machen: Wir gehen – in ökumenischer Gemeinschaft – zum Gletscher der Zugspitze, werden dort für ihn, die gesamte Natur und die Zukunft unseres Lebensraums beten. Information und Trauer über den sterbenden Gletscher sollen dabei ebenso ihren Platz haben wie Zukunftsperspektiven. Wir wollen weder, dass die Leute depressiv heimgehen, noch Politikerschelte betreiben. Unser Ziel ist es vielmehr, Bewusstsein zu schaffen und zu zeigen, wie sehr uns dieses Thema bewegt – als berg- und naturverbundene Menschen, als Kirche, als Bewohner*innen der Erde. Ein Sterbender hinterlässt oftmals ein Vermächtnis. Wir fragen: Was ist das Vermächtnis des Zugspitz-Gletschers an uns?
Ablauf der Veranstaltung:
Am Dienstag, 25. Juli 2023 feiern wir um 12 Uhr eine ca. 30 Minuten dauernde Andacht in Deutschlands höchstgelegener Kapelle „Mariä Heimsuchung“ auf dem Zugspitzplatt (Nähe Sonnalpin). Dabei leitet uns die alte Frage: „Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen. Woher kommt mir Hilfe?“ (Psalm 121,1).
Danach ziehen wir gemeinsam über die Gletschermoräne in Richtung des sterbenden Schneeferners. Dort werden uns Laura Schmidt und Dr. Till Rehm von der Umweltforschungsstation Schneefernerhaus aus wissenschaftlicher Sicht über die Faktenlage informieren. Anschließend werden wir den sterbenden Gletscher in einem kirchlichen Ritual aussegnen. Kirchenmusikdirektor Wilko Ossoba-Lochner komponiert zu diesem Anlass ein Berg-Requiem. Mit drei Sängerinnen und dem Bläserchor Werdenfels wird sein Stück „Elegie auf das Ende des ewigen Eises“ zur Uraufführung kommen.
In die Vorbereitung mit eingebunden ist die Umweltgruppe „Grüner Gockel“ der ev. Kirchengemeinde Garmisch-Partenkirchen. Dekan Jörg Hammerbacher aus dem Dekanat Weilheim, Dr. Wolfgang Schürger (Umweltbeauftragter der Ev. Luth. Kirche in Bayern) sowie Mitglieder des Deutschen Alpenvereins haben ihr Kommen zugesichert.
Wir freuen uns über Ihr Interesse und stehen für Rückfragen gerne zur Verfügung.
Garmisch-Partenkirchen, 03.06.2023
Pfarrerin Uli Wilhelm, Gästeseelsorge, ev.luth. Kirchengemeinde Garmisch-Partenkirchen
Pastoralreferent Florian Hammerl, Tourismuspastoral im Werdenfelser Land