Trotz Corona – die Beratung geht weiter

Frau Wagner (Name geändert) sitzt mir mit Maske im Beratungszimmer gegenüber. In letzter Zeit komme es immer wieder zu Streitereien mit ihrem Mann. Alles sei zu viel: Home-Office und gleichzeitig Home-Schooling. Ihre Ehe sei noch nie so ganz einfach gewesen, aber jetzt … Trotz Corona – die Beratung geht weiter. Und gerade dann, wenn sich Konflikte zuspitzen und deutlich zeigen, kann man die Situation nutzen daran zu arbeiten und Lösungen zu suchen. Uns ist es wichtig besonders in dieser herausfordernden Zeit Klientinnen und Klienten zu begleiten und zu unterstützen.

Einen Rhythmus im Alltag

Für Frau Wagner war es erstmal eine Entlastung die Situation zu schildern und ihre Gefühle zu benennen. In den Beratungsgesprächen suchen wir gemeinsam mit den KlientInnen nach Lösungen. Hilfreich dabei konnte für Familie Wagner sein einen Rhythmus im Alltag zu finden, mit Pausen und einer klaren Aufgabenverteilung den Tag zu strukturieren. Jedes Familienmitglied muss lernen die Möglichkeiten der Selbstfürsorge zu nutzen und Freiräume zu gestalten. Jeder hat zuerst für sich selbst und für seine Aufgaben die Verantwortung.

Zimmer mit Stühlen, Sonnenlicht fällt durch das Fenster - Bild zeigt die Atmonsphäre im Beratungszimmer
Bildrechte Gerd Korbach
Beratungszimmer der Ehe-, Familien- und Lebensberatung

Zeitweise war Beratung nur per Telefon oder Video-Chat möglich. Auf diesen Weg konnte der Kontakt zu Ratsuchenden aufrechterhalten und Beratungsprozesse weitergeführt werden.

Stark belastet waren und sind im Corona-Jahr Familien mit Kindern, so wie Familie Wagner, und ganz besonders Ein-Eltern-Familien. Die Gleichzeitigkeit von Home-Schooling und Home-Office fordert Eltern sehr stark, Konflikte bleiben nicht aus. - Wie durch ein Brennglas wurden bestehen Spannungen in Familien und in Partnerschaften verstärkt. Das eröffnet natürlich auch die Chance sich der Situation zu stellen und etwas zu verändern.

„Das Fahren auf Sicht“ in der Zeit der ungewissen politischen Entwicklungen und sich verändernden Zahlen verhindert das Pläne machen für die schönen Dinge des Lebens: Urlaub, Reisen, Kultur, Freunde treffen, Feste feiern, essen gehen … Wir alle waren gezwungen im „Hier und Jetzt“ zu sein und zu überlegen was möglich ist.

Die fehlenden Aktivitäten im Außen führen auch dazu, dass wir alle mehr mit uns selbst konfrontiert sind. Alte Gefühle und Erfahrungen kommen so leichter ins Bewusstsein, was sich in einer Zunahme psychischer Auffälligkeiten zeigen kann. Besonders herausgefordert sind Singles und ältere Menschen, wenn Ablenkungen und soziale Beziehungen fehlen.

Viele Menschen erleben die momentane Entschleunigung auch als wohltuend. Vermutlich sind das eher die ruhigen introvertierten Menschen, auch hochsensible. Für aktive, unternehmungslustige Zeitgenossen dagegen ist die Situation schwer auszuhalten.

Andere Sichtweisen und neue Blickwinkel

Beratung kann die Situation nicht ändern, aber im Besprechen entstehen oft andere Sichtweisen und neue Blickwinkel. Neben dem starren Schicksal, den Regeln des Infektionsschutzgesetzes und politischen Vorgaben gibt es trotzdem noch den Bereich der Freiheit und des Frei-Seins. Der Blick auf die verbleibenden Möglichkeiten und ein „Spaziergang durch den Garten der Freiheit“ kann den Geist und die Seele entlasten. Oft ist die Freiheit größer als man denkt. Der Wiener Psychiater Viktor Frankl fand sogar in der schweren Zeit des Konzentrationslagers solche Freiräume.

Dankbarkeit und Demut

So überalterte Tugenden wie Dankbarkeit und Demut können uns helfen einen anderen Blickwinkel auf die Situation zu bekommen. Kein Mensch hat von Natur aus einen Anspruch auf etwas. Alles in diesem Leben ist Geschenk. In Westeuropa gehören wir zu den privilegiertesten Menschen auf diesem Planeten.

Gerd Korbach
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Gerd Korbach

Monika Immler, Dipl.-Soz-Päd., Systemische Familientherapeutin, Mediatorin
Gerd Korbach, Systemische Familientherapeut, Logotherapeut
Psychologische Beratungsstelle für Ehe-, Familien- und Lebensfragen der Diakonie Oberland Weilheim

 

Trotz Corona – die Beratung geht weiter

Die Ehe-, Familien- und Lebensberatung der Diakonie Oberland bietet Unterstützung - auch in Zeiten der Pandemie - an. Sie können einen Termin telefonisch 0881 / 92 91 70 vereinbaren oder sie schreiben an Mail an kontakt@diakonie-oberland.de.